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Festjahr 2025

"Thomas Sch. aus B."

Kunstaktion um einen verirrten Camper in Grevens Innenstadt.

Falscher Wohnwagen-Stellplatz am Bergpark am City-Festwochenende
Peter Trabner machte als verirrter Camper in Grevens Innenstadt Halt.

Ein verirrter Camper in Greven...

Peter Trabner als verirrter Camper in Greven

Grevens Bürger*innen staunten mit Sicherheit nicht schlecht, als das Presseamt der Stadt am 18. September, einen Tag vor Beginn des dreitägigen Cityfests, eine Pressemitteilung veröffentlichte. Ein "verirrter Camper" aus Niedersachsen sei einer Fake-App aufgesessen und hätte darin einen Stellplatz in der Grevener Innenstadt gebucht. Die Stadtverwaltung würde den Camper nun aufgrund mangelnder Alternativen "zwangsweise" über die Dauer des Cityfests hinweg an seinem Stellplatz neben dem Bergpark dulden.

In über 250 Kommentaren in den sozialen Medien brachten die Nutzer*innen neben Verwunderung und einigen spitzen Bemerkungen vor allem Hilfsbereitschaft zum Ausdruck:

Finde ich einen tollen Move von der Stadt. Es stört doch keinen und er wird die Stadt mit ihrer Gastfreundschaft niemals vergessen💪

Ist ärgerlich, aber gönn dir, feiere dich 💪🍀

Herzlich Willkommen in Greven! 😆

Neben alternativen Stellplätzen wurden dem verirrten Camper sogar das Nutzen der privaten Dusche und ein "kühles Getränk" angeboten.

Viele aufmerksame Bürger*innen kamen der Stadtverwaltung und dem "verirrten Camper" bereits im Vorfeld auf die Schliche. Am 23. September wurde die Kunstaktion schließlich per Pressemitteilung aufgelöst.

Bei "Thomas Sch. aus B.", so der Arbeitstitel, handelte es sich um eine besondere Kunstaktion zum Stadtfest. Schauspieler Peter Trabner schlüpft bereits seit vielen Jahren an verschiedenen Orten in die Rolle des verirrten Campers. Stets unter anderem Namen – mal als Michael S., mal als Andreas F. – aber immer unter der Prämisse als vermeintliches Opfer einer vermeintlichen Fake-App, über die er sich einen Stellplatz an einem ungewöhnlichen Standort gebucht haben soll. 

Während dem vermeintlichen Camper andernorts häufig mit Kopfschütteln und Unverständnis begegnet wurde, dominierte in Greven die Hilfsbereitschaft

Nach der Auflösung folgten gemischte Reaktionen. Ein überwiegender Teil der Kommentare blickte mit einem guten Gefühl auf die Kunstaktion zurück:

Das ist ein mega Projekt und es ist schön zu sehen, dass die Grevener überwiegend positiv interagieren haben. Das macht Hoffnung, finde ich. Es sind die Kleinigkeiten im Leben die zählen und die Herzen öffnen. Gut, dass es Projekte gibt, die uns alle daran erinnern.

Ich bin froh, das es diese ganz normalen, netten Menschen doch noch gibt. Man hört immer nur nur von den Schreihälsen. Danke❣️

Tolles Theaterprojekt. Gleichzeitig betrüblich, dass Freundlichkeit auf diese Art und Weise "herausgekitzelt" werden muss. Wir Menschen sollten grundsätzlich viel freundlicher sein. Wie man sieht: es wirkt. Und es kostet nichts...

Falscher Wohnwagen-Stellplatz am Bergpark am City-Festwochenende
Peter Trabner in seiner Rolle als verirrter Camper.

Kritische Kommentare beschäftigten sich u. a. mit der Finanzierung und einer vorgetäuschten "Notlage":

Hoffentlich ist das „Kunstprojekt“ nicht mit Steuergeld subventioniert worden. Immerhin wurde, wenn auch ein fragwürdiger, Impuls gesetzt [...]

Ich finde es nicht so gut. Leiste ich demnächst wirkliche Hilfe oder bin ich Teil eines Spiels!!!!

Ich teile diese "Euphorie" leider so gar nicht, denn solche Aktion sorgen eher dafür, dass man nicht mehr darauf eingeht, wenn wirklich jemand "stranded" und Hilfe braucht und sagt: "Ach, das ist eh wieder Fake, also interessiert es mich nicht.." 🤷🏻‍♀️ [...]

Auch die eigentliche Zielsetzung des Kunstprojekts wurde hinterfragt. Ein Schwerpunkt: Die Medienkompetenz.

Was zeigt dieses "Projekt" eines "Schauspielers" aber auch? Nicht nur Freundlichkeit oder Solidarität, sondern es zeigt wie leicht Menschen zu beeinflussen sind. Eine Fake-Campsite, ein mittelmäßiger Schauspieler und alles klappt wie erwartet. [...] Lustig? Nein, schockierend wie leicht wir manipulierbar sind.

...aber warum?

Falscher Wohnwagen-Stellplatz am Bergpark am City-Festwochenende

Im Rahmen des Grevener Festjahres bestand der Wunsch, ungewöhnlichen Kunst- und Kulturprojekten einen Raum zu geben. Peter Trabners improvisierte Camper-Rolle war der Versuch, den üblichen Alltagsablauf unserer Stadt provokant zu unterbrechen.

Viele Grevener*innen nutzen die Bergstraße als Abkürzung zwischen der Martini- und Marktstraße. Ein Wohnwagen war dort bislang noch nie zu sehen, kein Wunder also, dass allein seine Anwesenheit ein ungewöhnliches Bild erzeugt und dadurch die alltägliche Wahrnehmung unterbricht. Der Wohnwagen und sein griesgrämiger Besitzer sollte die Menschen neugierig machen.

Wohin das geführt hat? Aus den Reaktionen der Bürger*innen online und vor Ort geht hervor, dass die Aktion angeregt hat zur Reflektion über das Erlaubte, über zwischenmenschlichen Umgang, über den öffentlichen Raum, über Wahrheit und Fiktion.

Das Festjahr soll zur Beschäftigung mit der eigenen Heimat anregen. Festzuhalten bleibt: Der überwiegende Teil der mitwirkenden Bürger*innen hat in Peter Trabners Figur einen Mitmenschen in  misslicher Lage gesehen und unmittelbar Hilfe angeboten. Sie sind es, die das Festjahresmotto "Meine Heimat Greven" im besonderen Maße mit Leben füllen.

Der Künstler

Falscher Wohnwagen-Stellplatz am Bergpark am City-Festwochenende
Peter Trabner in Greven.

Peter Trabner ist eine Urgewalt auf der Bühne und ein unfassbares Improvisationstalent. Seine fulminanten One-Man-Shows sind mitreißend, witzig, klug und sprühen nur so vor Spontaneität. Mit seinem Theaterspektakel ›Der Tod des Empedokles‹ lieferte Trabner bereits ein packendes Stück zur Klimakrise und machte den Zusammenhang zwischen Konsum und Umweltzerstörung deutlich.

Der vielfach preisgekrönte Schauspieler, Theatermacher und Performancekünstler Peter Trabner ist ein gefragter Film- und TV-Darsteller (u. a. ›Tatort‹, ›4 Blocks‹, ›Polizeiruf Rostock‹). Er arbeitet interdisziplinär in den Bereichen Tanz, Theater und Performance. Ein Fokus von Trabners künstlerischer Arbeit ist die freie Improvisation, die er auch als Dozent an diversen Schauspielschulen lehrt.

Erläuterungen und Hinweise

Bildnachweise

  • Stadt Greven/Team Kultur
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